Wann spricht man im Verkehrsrecht eigentlich von einer Nötigung?

Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass das Verkehrsrecht für Drängler und aggressive Fahrer nicht viel übrig hat. Vor allem das Geben von Lichtsignalen, dichtes Auffahren und hupen wird längst geahndet und auch immer wieder in den Medien diskutiert. Immerhin führt dieses Fehlverhalten nicht selten zu schweren Unfällen, die häufig auch tödlich enden. Aus rechtlicher Sicht erfüllt das rüde Verhalten oftmals den Starttatbestand der Nötigung. Doch was genau ist die Nötigung und welche Verhaltensweisen fallen im Verkehrsrecht noch unter diese Norm?

Zunächst sollte man wissen, dass die Nötigung in § 240 StGB geregelt ist - also im Strafgesetzbuch. Die Norm bezieht sich dabei keinesfalls nur auf den Straßenverkehr. Laut StGB begeht eine Nötigung, „wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung nötigt". Beim Drängeln zwinge ich also einen anderen Autofahrer zu der Handlung, die Spur frei zu machen, weil ansonsten ein Unfall unmittelbar bevorsteht. Die Subsumtion des Dränglens unter diesen Gesetzestext fällt nicht besonders schwer und wird sowohl vom Gesetzgeber als auch von den Gerichten recht eindeutig so interpretiert. Die Strafbarkeit einer solchen Norm setzt allerdings auch immer den Vorsatz voraus. Der Verkehrsteilnehmer muss also in voller Absicht handeln und auch wirklich den Entschluss gefasst haben, den anderen zu nötigen. Die bloße Aussage, man sei versehentlich zu dicht aufgefahren, wird jedoch in der Regel nicht ausreichen, um den Vorsatz auszuräumen.

Dieses Gesetz umfasst zudem deutlich mehr, also nur das zu dichte Auffahren. Auch bei häufig auftretenden Diskussionen und Rangeleien um freie Parklücken kommt es zur Nötigung. Das geschieht immer dann, wenn eine der Streitparteien auf denjenigen, der zum Beispiel als Fußgänger eine Lücke freihält, zufährt und ihm indirekt klar macht, dass er ihn durch das Fahrzeug verletzen würde, wenn er den Platz nicht räumt. Es trifft aber nicht nur die, die durch aggressives Verhalten schneller zum Ziel kommen wollen. Zwinge ich den Fahrer hinter mir durch ständiges Bremsen und zu langsames Fahren dazu, ebenfalls langsamer zu fahren, kann auch das eine Nötigung im Sinne des § 240 StGB sein. Das Bayrische Oberlandesgericht hat beispielsweise bereits in einem Fall auf Nötigung entschieden, in dem ein Fahrer auf der Autobahn vom Vordermann gezwungen wurde, nur 40Km/h zu fahren (Bay. OLG 1 St RR 57/01).

Was erwartet einen Fahrer nun, wenn er sich im Straßenverkehr einer Nötigung schuldig macht? Die Nötigung stellt jedenfalls eine Verkehrsordnungswidrigkeit dar und kann bis zu 3 Punkte in Flensburg kosten und bis drei Monate Führerscheinentzug bedeuten. Stellt das Fehlverhalten eine massive Drohung mit Gewalt dar, handelt es sich um eine Straftat, die neben dem Führerscheinentzug und drei Punkten eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zur Folge haben kann. Jeder Autofahrer sollte wissen, dass auch die versuchte Nötigung strafbar ist. Ob ich also zum Beispiel das vor mir fahrende Auto erfolgreich „weggedrängelt" habe oder nicht, spielt keine Rolle. Der Versuch zieht bereits erhebliche Konsequenzen mit sich. Ein Rechtsanwalt, der sich auf das Verkehrsrecht spezialisiert hat ist Rechtsanwalt Dr. Manfred Laumann


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